Geschwister Liebenthal

Geschwister Liebenthal

 Hauptstrasse – 171

Eigentümer 1932: Geschwister Liebenthal

Die Villa für vier Familien wurde 1928 als zweiter jüdischer Neubau errichtet, nachdem etwa 100 Jahre vorher Männlein Donnerstag sein Haus in der Streugasse neu erbaut hatte.

Fritz Liebenthal (1905), der jüngste der Geschwister war noch ledig, er war einer der drei persönlich haftenden Gesellschafter der Fa. Zschökel. Die Fa. hatte einen regen Export ihrer Erzeugnisse in die USA. Er soll bereits Mitte der 1930er Jahre einmal in den USA gewesen sein und konnte 1939 auch direkt in die USA auswandern.

Heinrich Liebenthal (1897) war verheiratet mit Anny Neuhaus (1908), sie hatten eine Tochter Elisabeth(1930).
Heinrich war einer der drei persönlich haftenden Teilhaber der Fa. Zschökel.
Alle seine Brüder und die Schwester Toni waren in der Firma tätig, aber er war wohl der Hauptverantwortliche.
Die Firma war 1892 in Leipzig gegründet worden, wahrscheinlich von Josef Liebenthal oder von ihm übernommen worden. Sie produzierte elektrotechnische Artikel, z.B. Hausklingeln, Morseapparate.
Er starb 1910 wohl kinderlos. Heinrich absolvierte im Rahmen seiner kaufmännischen Ausbildung ein Jahr (1913) in der Leipziger Firma. 1914 wurde die Firma nach Unsleben transferiert. In den 1930er Jahren waren 37 Arbeiter und Angestellte in der Firma tätig.
Die Firma hatte große Exportaufträge und war daher als Devisenbringer ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
Als jüdische Firma war sie aber den Nazis ein Dorn im Auge und sollte sobald wie möglich arisiert werden.
Ein Ansatzpunkt dafür war eine Steuerprüfung 1936. Wegen einer zu erwartenden Steuerstrafe beantragte der Präsident des Landesamtes eine Inhaftnahme von Heinrich, Otto und Fritz L.
Das Steuerstrafverfahren wurde bereits am 14.12.1936 für abgeschlossen erklärt, trotzdem wurden die Häftlinge am 17.12.1936 nach Dachau transportiert. Ein 12­ seitiger Anwaltsbrief an die Gestapo in München sollte die Unangemessenheit und Haltlosigkeit der Inhaftnahme aufzeigen. Vielleicht wurde der Brief nach Berlin weitergeleitet, jedenfalls kam von dort am 22.5.1937 der Beschluss auf persönliche Anordnung des RFSS (Reichsführer der SS, Heinrich Himmler), dass die in Dachau Inhaftierten zu entlassen seien.
In der Reichspogromnacht war Heinrich Liebenthal mit seinem Schwager Max Moritz in Meiningen. Er stellte sich am folgenden Tag der Polizei. Die Abwesenheit von Unsleben wurde ihm aber als Flucht ausgelegt und er wurde ins KZ nach Buchenwald gebracht.
Jetzt war es der NSDAP wichtig, dass die Firma schleunigst arisiert ist, zumal bereits Teile der Familie emigriert waren. Dazu wurde Heinrich L. aus dem KZ angefordert, damit er die Übertragung der Firma notariell vollziehen kann. So wurde die Firma im November 1938 an Hans Hahn und Karl Bittorf übertragen und von diesen weitergeführt. Die beiden Familien zogen auch in die Villa ein.
Heinrich Liebenthal emigrierte am 29.4.1939 mit Frau und Tochter über Havanna in die USA.
Die Liebenthal haben nach dem Krieg ihre Firma wieder zurück erhalten, eine gewisse Zeit mit einem Verwalter wieder produziert, aber in den 1970er Jahren die Fabrik und Villa verkauft.
Ein letzter Besuch in Unsleben seiner Tochter Elisabeth mit Mann, Tochter und Schwiegersohn fand im Juli 2001 statt. Mit auf dem Bild sind v.r. Walter u. Erika Frickel(die damaligen Eigentümer), die Tochter von Elizabeth, Erika u. Josef Hesselbach, Elizabeth mit ihrem Mann Walter Goldschmitt.

Julius Liebenthal (1893) war mit Tilly(1901) verheiratet uns sie hatten zwei Söhne, Adolf(1924) und Erich(1927). Sie wohnten, wie alle jungen Liebenthal-­Familien in der Villa, die 1928 erbaut wurde, als das zweite von Juden von Grund auf neuerbaute Gebäude ungefähr 100 Jahre nach dem ersten von Männlein Donnerstag errichteten (Donnerstaghaus). Julius soll blind gewesen sein und deswegen wohl auch nicht persönlich verantwortlicher Teilhaber der Firma.
Julius Liebenthal emigrierte mit seiner Familie 1939 über Havanna in die USA.

Max Moritz (1889) war der Ehemann von Toni Liebenthal (1896), einer Schwester der vier Liebenthal­ Brüder. Beide waren in der Fa. Zschökel tätig. Sie hatten drei Kinder, Adolf (1923), Kurt (1924) und Ilse (1928).
Die Familie ist am 27.4.1939 nach Chile ausgewandert.

Otto Liebenthal (1894) war einer der drei persönlich haftenden Gesellschafter der Fa. Zschökel.
Er war zunächst mit Grete Mittel verheiratet, die aber bei der Geburt ihrer Tochter Grete(1926) starb. Er heiratete dann seine Schwägerin Nelly Mittel(1900), sie hatten noch ein Mädchen,  Alice (1930).
Otto war mit Heinrich und Fritz zusammen 1936 in Dachau inhaftiert. Er ist mit seiner Familie unmittelbar nach der Pogromnacht über Havanna in die USA ausgewandert.

Frieda Mittel

Frieda Mittel

117 Hauptstrase

Eigentümer 1932: Frieda Mittel

Frieda Mittel (1875) war eine Witwe, ihr Mann Simon (1868) ist schon 1916 gestorben.
Sie führte einen textilen Manufakturwarenladen. Sie hatte vier Kinder. Ihr jüngster Sohn Arthur hat Deutschland in 1936 verlassen, emigrierte in die USA. Frieda Mittel folgte ihm 1938.

Karolina Mittel

Karolina Mittel

115 Hauptstrase

Eigentümer 1932: Karolina Mittel

Karolina Mittel(1883) war ledig. Die Mittel in Haus Nr. 115 waren die Fleisch-Mittel. Ende 1939 verkaufte sie das Haus an Konrad Weisel, der sein Cafe aus der Geiersgasse(Cafe „Bück Dich“) dorthin verlegte. Sie kam ins Altersheim nach Würzburg und von dort nach Theresienstadt.

Maier Bach

Maier Bach

111 Hauptstrase

Eigentümer 1932: Maier Bach

Maier Bach war Pferdehändler. Das Hauptgeschäft war in Meiningen. Er zog sich 1935 nach Meiningen zurück.

Theo Mittel

Theo Mittel

108 Hauptstrase

Eigentümer 1932: Theo Mittel

Theo Mittel (1885) war mit seinem Bruder Josef (siehe Haus Nr. 44) Teilhaber der Fa. Rose (Essigmittel).
Er hatte mit seiner Frau Fanni (1892), geborene Naumann, zwei Kinder, Ilse (1916) und Paul, die bereits 1937 nach USA auswanderten, während Theo mit seiner Frau erst nach der Pogromnacht 1939 aufbrach und sie in Havanna warten mussten, bis sie in die USA einreisen konnten.
In der Pogromnacht wurde Theo schreiend durch die Enggasse zum offenen Lastwagen getrieben, der die Juden nach Neustadt ins Gefängnis brachte. Sein Cousin Josef (1877) mit seiner Frau Rosa (1890) wohnten bei ihm im Haus.
Sie sind 1939 ebenfalls nach Amerika (Havanna) ausgewandert.